Abschied und Tränen und der erste Schritt in das Neue

Das Paul-Schneider-Haus in Wewelsburg wurde entwidmet

Mitwirkende und Gäste des Gottesdienstes zur Entwidmung des Paul-Schneider-Hauses in Wewelsburg.Foto: Oliver Claes

Mitwirkende und Gäste des Gottesdienstes zur Entwidmung des Paul-Schneider-Hauses in Wewelsburg.
Foto: Oliver Claes

Büren-Wewelsburg. In einem festlichen und emotionalen Gottesdienst, in dem auch viele Tränen geflossen sind, hat die Evangelische Kirchengemeinde Büren-Fürstenberg mit großer Anteilnahme ihre Gottesdienststätte Paul-Schneider-Haus in Wewelsburg entwidmet. Gestaltet wurde der Gottesdienst von Superintendent Volker Neuhoff, Pfarrerin Almuth Reihs-Vetter, Pfarrer Claus-Jürgen Reihs, Prädikantin Katrin Herting, Mitgliedern des Presbyteriums und Vertreterinnen und Vertretern von Gruppen und Kreisen aus dem ehemaligen Pfarrbezirk Wewelsburg.

Fast 67 Jahre lang habe das Haus als evangelisches Gemeindezentrum gedient, sagte Pfarrer Claus-Jürgen Reihs. „In diesen Mauern sollte ein anderer Geist wehen“, erinnerte Reihs an die dunkle Entstehungsgeschichte.

Das Gebäude hatte der Architekt Hermann Bartels, der im Auftrag des SS-Chefs Heinrich Himmler die Wewelsburg zur SS-Kultstätte und zu einer Art „Zentrum der Welt“ ausbauen sollte, für sich und seine Familie von Häftlingen des KZ Niederhagen in den Jahren 1939 bis 1942 errichten lassen. Auf der Suche nach einem eigenen evangelischen Gemeindezentrum in Wewelsburg kam im April 1951 das „Führerhaus I“, die „Villa Bartels“, ins Gespräch. Fünf Jahre nach den ersten Überlegungen wurde das Grundstück mit Wohnhaus, Garage und Remise durch die Kirchengemeinde vom Land Nordrhein-Westfalen erworben. Am Erntedankfest 1956 konnte der erste Gottesdienst im heutigen Kirchsaal gefeiert werden. 1957 wurde eine zweite Pfarrstelle in der evangelischen Kirchengemeinde Büren eingerichtet; das Haus wurde Wohn- und Dienstsitz des Pfarrers. 2003 wurde das Gemeindezentrum nach Paul Schneider benannt. Es erinnert seither an den „Prediger von Buchenwald“, der seinen Widerstand gegen das NS-Regime 1939 mit dem Leben bezahlte.

Im Gottesdienst bekamen die Geschichte, die das Paul-Schneider-Haus „gesehen“ hat und die Geschichten, die die Gemeinde und ihre Menschen mit und in dem Haus erlebt haben, noch einmal Raum. So berichteten Vertreterinnen und Vertreter der Kinderkirche, des Glaubensstammtisches, der Männer-Gruppe „Spirituelles Kochen“, des Frauenkreises, des Vereins „Gedenktag 2. April in Wewelsburg“ und eine ehemalige Mieterin und Küsterin von ihren Erinnerungen an das Haus. Die Rede war vom Abschiedsschmerz, aber auch von der Dankbarkeit für schöne Erlebnisse. Alle formulierten die Hoffnung, dass etwaige Nachbesitzerinnen/Nachbesitzer achtsam mit der Geschichte des Hauses umgehen mögen.

„Jetzt geht hier alles über den Jordan“ – diese Redewendung führte durch die Predigt von Pfarrerin Almuth Reihs-Vetter. Sie machte deutlich, dass diese im biblischen Kontext nicht den Tod umschreibe, sondern die Rettung hinein in einen neuen Verheißungsraum. „Beim Auszug aus dem Paul-Schneider-Haus haben wir Erinnerungen im Gepäck, schmerzhafte und segensreiche. Vor allem aber tragen wir Gottes Wort mit uns – auf Papier geschrieben und in Jesus Christus Mensch geworden“, sagte Pfarrerin Almuth Reihs-Vetter in ihrer Predigt. Sie ermutigte dazu, zuversichtlich den Schritt in das Neue zu wagen, neugierig zu bleiben, was der lebendige Gott mit der Gemeinde vorhabe, und mit Seinem Wunder zu rechnen.

„Das Presbyterium hat sich die Entscheidung, das Paul-Schneider-Haus stillzulegen, nicht leicht gemacht und eine schmerzliche Entscheidung getroffen“, betonte Pfarrer Claus-Jürgen Reihs, Vorsitzender des Leitungsgremiums der Kirchengemeinde. „Wir wissen, wie schwer dieser Weg ist, erklärte Superintendent Volker Neuhoff. „Heute kommt alles zusammen: die positiven Erinnerungen und die Tränen. Neuhoff dankte allen, die hier Gemeinde gelebt und gestaltet hätten. Er dankte Gott dafür, im Paul-Schneider-Haus Gemeinschaft gestiftet zu haben und bat ihn, die Gemeinde weiterzuführen.

Nachdem in einem feierlichen Auszug unter anderem die Osterkerze, die Taufschale, die Altarbibel, das Abendmahlsgeschirr und das Altartuch aus dem Kirchsaal herausgetragen worden waren, wurde vor dem Paul-Schneider-Haus noch einmal das Abendmahl gefeiert. Die liturgischen Gegenstände werden zum Teil in der Erlöserkirche in Büren und in der Immanuelkirche in Bad Wünnenberg Verwendung finden.

Gäste des Gottesdienstes waren unter anderem Hans-Bernd Janzen, stellv. Landrat des Kreises Paderborn, Wigbert Löper, stellv. Bürgermeister der Stadt Büren, Pascal Genee, Ortsvorsteher von Wewelsburg, der Kreistagsabgeordnete Werner Jülke und Kirsten John-Stucke, Leiterin des Kreismuseums Wewelsburg. „Das Paul-Schneider-Haus war ein Ort der Hoffnung und der Freude und hat der Erinnerungskultur Rechnung getragen“, unterstrich der stellv. Landrat Hans-Bernd Janzen in seinem Grußwort. Auch wenn die Kirche hier ein Gebäude verlasse, bleibe sie doch in Verbindung mit den Menschen, ist er überzeugt.

Mit Blick auf die besondere Geschichte des Paul-Schneider-Hauses sucht die Evangelische Kirchengemeinde Büren Fürstenberg nach einer angemessenen Nachnutzung des Gebäudes. Sie ist dafür in Gesprächen mit kirchlichen und öffentlichen Akteuren, die noch einige Zeit in Anspruch nehmen werden. Wenn ein Ergebnis vorliegt, wird die Gemeinde darüber informieren.

Nach der Schließung des Kirchhauses in Fürstenberg Ende 2015 und der Aufgabe der Trinitatiskapelle in Ringelstein im Sommer 2019 ist das Paul-Schneider-Haus das dritte Gebäude, von dem sich die Kirchengemeinde trennen muss. Gründe für den notwendigen Rückbau bei den Gebäuden sind die demografische Entwicklung der Gesellschaft, die zunehmende Zahl von Kirchenaustritten und die damit einhergehende angespannte Finanzsituation sowie die veränderte Beteiligung von Gemeindegliedern am aktiven Gemeindeleben und die dünner werdende Personaldecke.

Ev. Kirche Wewelsburg