Auf ein Wort: “Gleiche Chancen für jedes Kind”
Von Pfarrerin Elke Hansmann
Die erste Woche des neuen Schuljahres liegt hinter den Kindern und Jugendlichen, den Lehrkräften und Eltern. Vieles wird sich inzwischen eingespielt haben: der Umgang mit den Corona-Regeln, der neue Stundenplan. Und die meisten werden nun auch alle benötigten Schulbücher und Materialien zur Verfügung haben.
Einige jedoch werden nicht alles mitbringen, was auf den Listen stand. Da wird „Jaxon“-Ölkreide fehlen, der „Pelikan“-Farbkasten oder die gewünschten „Oxford“-Hefte. Denn diese Markenprodukte hat die Schulmaterialienkammer der Diakonie Paderborn-Höxter e.V. gar nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung für mehr als 1000 Kinder, die während der Sommerferien ausgestattet worden sind. Zum Teil sorgen die Eltern für das Fehlende. Aber da es sich um einkommensschwache Familien handelt, ist das nicht immer möglich.
Auch mit Farben eines No-Name-Farbkastens kann man schöne Bilder malen und selbstverständlich müssen es nicht die teuren Markenhefte sein. Und doch wird das eine Kind oder die andere Jugendliche in Erklärungsnot geraten, wenn sie gefragt werden, warum sie dies oder jenes nicht haben. Im ungünstigsten Fall kann das der Anfang von Ausgrenzung und Mobbing sein. Und das nicht nur von Mitschüler*innen.
Selbst Lehrkräfte möchten manchmal, dass genau die Dinge angeschafft werden, die sie vorgegeben haben. Wenn das nicht der Fall ist, landen die Schüler*innen schon mal in der „Sozial-Schublade“. Dann haben sie es schwer, dort wieder hinaus zu kommen, – manchmal ihr ganzes Schulleben lang.
Gleiche Chancen und gleiche Behandlung sollten in unserem Land für jedes Kind gegeben sein. Doch leider ist das nicht so. Immer wieder werden mit Schulbeginn Weichen für das ganze Leben gestellt, abhängig vom sozialen Status.
„Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“, so fordert der Prophet Amos seine Landsleute im alten Israel auf, weil er den Auftrag dazu von Gott bekommen hat. Er soll seine Mitmenschen daran erinnern, sich an die Gebote Gottes zu halten. Und diese Gebote schützen die, die einen niedrigen sozialen Status haben, besonders Witwen, Waisen und Fremde. Sie sollen teilhaben an Recht und Gerechtigkeit. Aber das wird immer wieder vergessen und außer Acht gelassen.
Dies geschieht bis heute, auch bei uns. Und noch immer sind die gleichen Gruppen davon betroffen: Alleinerziehende und ihre Kinder, Menschen mit Migrationshintergrund.
Ohne Wasser kein Leben, ohne Recht und Gerechtigkeit keine solidarische Gemeinschaft. Und so gilt Amos Aufforderung: „Es ströme aber das Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“ (Amos 5,24) – auch uns. Und alles, was Recht ist: Vor allem mit Blick auf die Kinder.
Elke Hansmann, Pfarrerin im Evangelischen Kirchenkreis Paderborn.
Der Beitrag wurde in der Kolumne “Auf ein Wort” der Neuen Westfälischen Paderborn am 27. August veröffentlicht.