Bewusst wieder in die Kirche eingetreten
Marc Meglin über seinen Weg zurück in die Kirchengemeinde
Von Jan Globacev
Paderborn/Bad Lippspringe. Dass immer mehr Menschen aus den Kirchen austreten, ist schon lange bekannt. Weniger bekannt sind die Menschen, die in die Kirchengemeinden aus Überzeugung und ganz ohne Zwang freiwillig eintreten bzw. wieder eintreten. Der 22-jährige Marc Meglin erzählt offen von seinem Kirchenaustritt, warum er nach vier Jahren wieder den Weg in die Gemeinde zurückgefunden hat und was ihm der christliche Glaube heute bedeutet.
Marc ist in Paderborn am Goldgrund aufgewachsen und kennt seine Heimatgemeinde im Lukas-Bezirk, der zur Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Paderborn gehört, von klein auf. Vom Kindergarten „Himmelszelt“ über die Taufe bis zur Konfirmation hat er alles mitgemacht und besuchte mit der Uroma den Gottesdienst. „Ich bin mit der Lukas-Gemeinde groß geworden. Es gab bis zu meinem Kirchenaustritt eigentlich keinen Lebensabschnitt, der nicht irgendwie durch das Lukas begleitet wurde.“
Doch mit der Zeit kamen erste Zweifel und teilweise Vorurteile auf, sodass er sich mit 17 Jahren dazu entschieden hat, auszutreten: „Ich fühlte mich der Kirche in dem Moment nicht mehr verbunden und der Glaube hatte keine Relevanz in meinem Leben“, erinnert sich Marc. „Ich war jung, mit allem zufrieden und habe nichts vermisst in dem Moment. Mein Abitur war bestanden, man hatte seinen Freundeskreis, die Kirche war mir in dem Moment egal. Irgendwie hat sich der Austritt damals auch richtig angefühlt.“ Wahrscheinlich, sagt er heute, war es auch jugendlicher Leichtsinn.
Nach dem Abitur genoss er das Leben, reiste durch die Welt und fing ein duales Studium an. Es dauerte eine Weile, bis ihm bewusst wurde, dass doch etwas im Leben fehlte, das für die meisten Menschen in den letzten Jahren auch nicht einfacher wurde.
Ende 2023 kam eine stressige Phase im Studium dazu. „Es war eine schwierige Zeit, mir hat der Beistand und der mentale Ausgleich gefehlt. Und man stellt sich die Frage, wohin man mit seinen Sorgen gehen kann. Insbesondere die Angst, in der Hochschule zu versagen, das Studium nicht zu schaffen und der Leistungsdruck setzten mir zu. Schnell merkte ich jedoch, dass der Gedanke, dass ein höheres Wesen oder eine höhere Macht mich begleitet, mir guttut und Halt gibt. So kehrte mein Interesse am Glauben und der Kirche wieder zurück.“ Heute ist er überzeugt: „Wahrscheinlich musste ich erst für vier Jahre weg sein, mich in der Zeit auch weiterentwickeln, um festzustellen, was wirklich gefehlt hat in meinem Leben.“
Völlig offen, ganz ohne Druck oder Zwang, aber auch neugierig hat er im Dezember wieder den Sonntagsgottesdienst besucht, so wie früher. „Ich wollte einfach schauen, was kommt, ich konnte ja nichts verlieren“, betont der junge Mann. Dieser Besuch hat dann alles verändert: „Es hat mich emotional sehr bewegt, nach vielen Jahren im Gottesdienst wieder das Abendmahl gemeinsam zu feiern. Dieses Gefühl ist schwierig zu beschreiben, wenn man es selbst nicht erlebt hat. Ab da wusste ich, ich gebe der Kirche wieder eine Chance in meinem Leben.“
Er verspürte danach eine Erleichterung; es fühlte sich an, als wenn eine große Last von seinen Schultern auf einmal wegfällt und man das „eigene Päckchen“ nicht mehr alleine tragen musste. „Meine alte Gemeinde hat mir sofort das Gefühl der Geborgenheit gegeben, und ich habe den vertrauten Glauben an Gott wiedergefunden. Ich traf schnell einige Bekannte aus meiner Konfirmandenzeit wieder und sogar welche, mit denen ich früher mal die Kinderbibelwoche mitgestaltet habe.“
Seitdem besucht Marc, der mittlerweile in Bad Lippspringe wohnt, jeden Gottesdienst in seiner Heimatgemeinde und weiß genau, wie wertvoll es ist: „Das gibt mir Kraft und Halt, ich kann für eine Stunde abschalten, die Sorgen vergessen und neue Kraft tanken. Und es ist ein schöner Abschluss für die Woche, der einfach guttut.“ Die spirituelle Leere im Leben ist damit vorbei, und seine Rückkehr wurde offiziell gefeiert.
Anfang Januar ist er formal im Sonntagsgottesdienst von Pfarrer Christoph Keienburg wieder in die Gemeinde aufgenommen worden. Viele bekannte Gesichter und Weggefährten waren dabei. „Es fühlte sich an wie nach Hause zu kommen. Das Gemeindeleben gibt mir Geborgenheit und Kontinuität.“ Und Marc möchte der Lukas-Gemeinde in Form von ehrenamtlichem Engagement etwas zurückgeben und kann sich vorstellen, neben der aktuellen Mitarbeit im Gemeindebeirat auch einmal in der Jugendarbeit tätig zu werden.
Auch Gemeindepfarrer Keienburg freut sich nicht nur über seine Rückkehrer, sondern auch auf andere Menschen, die den Weg in die Kirche bewusst (wieder) finden. Und die gibt es immer wieder. „Diese Menschen“, so Keienburg, „haben es sich gut überlegt und sind immer willkommen bei uns.“
Marc Meglin fühlt sich wieder sehr wohl in seiner früheren Gemeinde und hat seinen Platz dort gefunden. Menschen, die mit dem Gedanken spielen, aus der Kirche auszutreten, möchte er folgenden Tipp mitgeben: „Man sollte möglichst vorurteilsfrei das Gespräch mit der Pfarrerin oder dem Pfarrer suchen, um so Zweifel, aber auch Kritik zu äußern. Ich glaube aber auch, dass ich damals zu jung war, um die richtigen Fragen stellen zu können. Und sollte man sich doch für einen Austritt entscheiden, muss das ja nicht für immer sein. Man sollte sich selber immer wieder die Gelegenheit geben, etwas Neues zu entdecken oder wie in meinem Fall auf etwas Altes, was man aus dem Blick verloren hat, zurückgreifen. Und wenn es sich richtig anfühlt, der Kirche eine Chance zu geben, sollte man es versuchen. Wichtig ist, sich sowohl beim Austritt als auch beim Eintritt nicht selber unter Druck zu setzen.“
Meglin hat die Erfahrung gemacht, dass man sich nicht nur selbst als Person verändert, sondern auch die Gemeinde und betont, dass der Austritt daher nie als unumkehrbarer Schritt angesehen werden sollte.
Der Blick in die Zukunft stimmt ihn hoffnungsvoll: „Austritt und Eintritt waren beides legitime Schritte und mittlerweile weiß ich, dass der Austritt meinen Glauben insgesamt sogar gestärkt hat“.