Die Liebe zu Gott pflegen
Auf ein Wort
In der Theorie ist es ganz einfach: Ich glaube an Gott, Gott will das Gute, also tue ich das Gute. Nur, warum hört man dann so oft von Religionsvertretern, die tun, was nicht richtig ist? Ich würde ja gern auf die anderen Religionen und Konfessionen zeigen, aber das wäre sehr unehrlich. Mitarbeitende, die Unrecht getan haben (und vermutlich auch ein paar, die immer noch Unrecht tun), gab und gibt es auch auf evangelischer Seite.
Scheint übrigens ein altes Problem zu sein. Jesus Christus selbst gibt uns zwei Erklärungen dazu. Einmal erzählt Jesus ein Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13,24-30). Botschaft: Ist zwar nicht schön, müsst ihr aber aushalten. Abgerechnet wird am Schluss. Aber das heißt natürlich nicht, dass wir alle mit bösen Absichten gewähren lassen dürfen. An anderer Stelle sagt er „das Fleisch ist willig, aber der Geist ist schwach“ (Mt 26,41). Das kenne ich nur zu gut von meinen misslungenen Diätversuchen, gilt aber natürlich auch in wirklich relevanten Dingen. Und Martin Luther stellt fest, dass wir Christen immer Sünder und Gerechte zugleich sind. Sünder nach dem, was wir tun, gerecht aber durch den Bund, den Gott mit uns durch Jesus Christus geschlossen hat.
Mit anderen Worten, Christen sind auch nur normale Menschen. Das kann aber nicht als Ausrede herhalten. Denn, wenn wirklich der Heilige Geist in uns ist, dann sollte man das ja in irgendeiner Weise spüren können, und wenn Gott die Liebe ist, sollte das auch irgendwie in unserem Verhalten zu bemerken sein.
Bleibt also nur der Appell: „Die ihr den Herrn liebet, hasset das Arge!“ (Psalm 97,10). Wenn ihr schon nicht besser seid, dann bemüht euch wenigstens! Wie aber kann das aussehen? Klingt ja nach einer großen Anstrengung, die wenig Lust macht. Doch vielleicht haben Sie es schon bemerkt: Es geht im Glauben nicht darum, sich anzustrengen, sondern darum, Gott zu lieben und darum zugleich auch alles, was er geschaffen hat. Liebe kann ich aber nicht machen. Sie muss mir geschenkt werden. Christen sind also nicht besonders religiöse Menschen, sondern Menschen, die von der Liebe Christi ergriffen sind. Solche Liebe muss man aber pflegen (so wie die Liebe zum Partner auch gepflegt werden will): Indem ich gemeinsame Zeit mit ihm verbringe, indem ich ihm erzähle, was mich bewegt, und höre, was ihm wichtig ist und indem wir miteinander schöne Zeit erleben. Dann wächst die Liebe zu Christus und die Liebe zum Mitmenschen und zur Schöpfung von ganz allein. Und wo finde ich das? Versuchen Sie es doch mal in der Kirche bei Ihnen um die Ecke.
Pfarrer Thomas Walter, Matthäus-Pfarrbezirk der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Paderborn
Der Beitrag ist erschienen in der Reihe „Auf ein Wort“ in der Neuen Westfälischen Paderborn am Freitag, 28. Juli 2023.