Familie ist mein Vertrauensraum
Auf ein Wort
Familien stehen im Zuge der Pandemiediskussionen immer wieder im Zentrum des Gesprächs. Es geht inhaltlich oft um die Belastung des Familienlebens mit den zu beschließenden Maßnahmen. Manchmal weil Homeschooling und Homeoffice nebeneinander einfach sehr schwierig zusammenzubringen sind. Manchmal weil Teile der Familie über einen langen Zeitraum und auch in schwierigen Situationen allein bleiben müssen, ich sie nicht besuchen kann.
Viele Menschen leiden gerade im Bereich des Familienlebens unter der Pandemie. Daher überrascht mich das nicht, sondern freut mich eher, dass gerade hier immer wieder hart diskutiert wird. Und es zeigt auch einmal mehr, wie wichtig ein funktionierendes Familienleben für uns ist. Familie ist mein Vertrauensraum. Dieser Umstand definiert für mich sogar, was eigentlich Familie ist: Dort, wo ich mich nicht verstellen, nicht den Ansprüchen genügen muss. Sondern wo ich mich gerade von den Anstrengungen, die mir an allen anderen Orten blühen, entspannen kann. Dort, wo mir geholfen wird, mein Leben zu meistern, und wo ich andere – meine Eltern und Partner:in, meine Geschwister, meine Kinder, aber auch meine engen Freunde – teils unter großen Kraftanstrengungen unterstütze, ihr Leben gut zu gestalten. Familie ist mir enger als meine anderen Beziehungen. Der Austausch und der Zusammenhalt ist stärker als irgendwo sonst.
Nicht umsonst gebraucht die Bibel an so vielen Stellen familiäre Bezeichnungen für die Beziehungen zwischen Gott und den Menschen: Vater* ist er, wir seine Kinder. Und untereinander sind die Menschen, die sich Gott zugehörig fühlen, Geschwister. Diese Bezeichnungen sind so alt wie die Zeugnisse des christlichen Glaubens selbst. Jesus hat sie bereits verwendet. Und ich würde mir wünschen, dass die Gemeinden und Kirchen dies jeden Tag aufs Neue wieder in den Mittelpunkt stellen. Dass diese besondere Beziehung der Menschen untereinander sowie zwischen ihnen und Gott in allem sichtbar wird, was sie tun. Dafür muss hart diskutiert werden. Denn ein Familienleben ist niemals konfliktfrei.
Felix Klemme, Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Elsen
Der Beitrag ist erschienen in der Neuen Westfälischen Paderborn in der Reihe „Auf ein Wort“ am Freitag, 7. Mai 2021.