Jesus nimmt den Druck raus
Auf ein Wort
Letzten Sonntag gab es einen super provozierenden Predigttext für unseren Gottesdienst: Jesus erzählt ein Gleichnis und vergleicht die Königsherrschaft Gottes mit einem Samen, der ganz von allein Frucht hervorbringt. Eigentlich ein wunderschönes Bild. Wie gerne würde ich daran glauben. Nur wächst in unserer Kirche gerade gar nicht mehr viel. Wir sind vielmehr mit Abbau, Kürzungen und Schließungen beschäftigt. Unterhalte ich mich mit anderen darüber, heißt es oft: Die Kirche müsste halt mal… Und ich denke dann, ich müsste die Kirche ganz allein retten: Durch bessere Predigten, mehr Besuche, tollere Aktionen, professionelleres Auftreten – und unsere Homepage müsste auch dringend aktualisiert werden.
Bestimmt ist das alles richtig, aber es ist ja nicht so, dass wir das nicht auch alles versuchen. Nur ist es bei schwindenden Ressourcen schwer, allen Ansprüchen gerecht zu werden. Und jetzt kommt Jesus und sagt: „Nö!“
Müssen wir jetzt dafür sorgen, dass die Kirche wieder wächst? Nö!
Müssen wir dafür sorgen, dass mehr Leute in den Gottesdienst kommen: Nö!
Müssten wir nicht noch einen Chor gründen, eine Evangelisation machen und die Homepage renovieren, damit… Nö!
Jesus selbst ist es, der sät. Und er hat offensichtlich einen langen Atem und kann auch Zeiten aushalten, wenn es mal irgendwo nicht wächst. Aber das geht noch tiefer: Jesus nimmt auch den Druck raus bei mir, in meinem Glaubensleben: Also für mich ganz persönlich:
Ob ich genug glaube? Egal!
Ob ich fromm genug bin: Egal!
Ob ich ausreichend bete, Bibel lese, Gottesdienste besuche: Egal!
Auch in mir wächst der Glaube allein durch Christus, allein durch den Heiligen Geist. Er hat einen Samen gelegt: Erinnere dich an deine Taufe. Und nun gießt er deinen Glauben: Feiere das Abendmahl! Was heißt das? Zurücklehnen und Spaß haben? Lieber sonntags frühstücken gehen, der Pastor hat’s ja erlaubt?
Ich bin geneigt dem zuzustimmen: Wenn du nur kommst, weil du meinst, du musst. Dann wird da nichts wachsen außer Unkraut: Heuchelei, Bigotterie, Empörung über die Ungläubigen. Aber es kann auch passieren, dass in dir eine Sehnsucht wächst: Nach echter Gemeinschaft, ein Hunger nach dem guten Wort, ein Bedürfnis nach Vergewisserung, dass Christus dich wirklich liebt. Und vielleicht willst du deine Freude ausdrücken im Singen, im Beten, im Zuhören auf seine Geschichte mit uns. Dann bist du herzlich eingeladen. Die Türen Gottes stehen weit offen.
Pfarrer Thomas Walter, Matthäus-Pfarrbezirk der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Paderborn
Der Beitrag ist erschienen in der Reihe „Auf ein Wort“ in der Neuen Westfälischen Paderborn am Freitag, 9. Februar 2024.