Schöne neue Welt?
Auf ein Wort
Die Versuchung ist groß! Ich lasse meine Predigt für den kommenden Sonntag doch einfach mal von chatGPT schreiben. Sie wissen schon, das Programm mit künstlicher Intelligenz, das Texte zu allen möglichen Themen schreibt. Künstliche Intelligenz (KI) ist momentan überall heiß diskutiert. Schriftliche Abiprüfungen, sicherer Verkehr und Verwaltungsaufwand verringern: Ist die KI wirklich die schöne neue Welt, auf die wir alle gewartet haben? Oder ist KI ein unkalkulierbares Risiko: Manipulation von Personen, soziales Scoring und Kontrolle unseres Lebens. Also kurz der Untergang der Menschheit? Wenn wir nicht mehr wissen: ‘Was ist real und was nicht?‘ ist das ein bedrohliches Problem. Ehrlich gesagt: Ich verstehe viel zu wenig von der Technik, um hier qualifiziert mitreden zu können. Und doch muss ich täglich Entscheidungen treffen und mit den Auswirkungen von KI in meinem Alltag umgehen.
Der biblische Apostel Paulus hatte zugegeben andere Probleme. Die Christinnen und Christen der Gemeinde in Korinth fragten ihn nach dem sozialen Verhalten in der Gemeinde, dem Alltag im ‚globalisierten‘ römischen Reich, nach der Anpassung an die Regeln ihrer Umwelt oder auch nach Umgang mit ihrer Sexualität. Paulus antwortet ihnen: „Alles steht mir frei – aber nicht alles ist sinnvoll. Alles steht mir frei, aber nichts soll Macht über mich haben.“ (1. Brief des Paulus an die Gemeinde in Korinth, Kapitel 6, Vers 12) oder auch „Alles steht mir frei – aber nicht alles fördert. Alles steht mir frei, aber nicht alles baut auf. Niemand sollte nur im Blick auf sich selbst entscheiden, sondern auch auf die Mitmenschen achten.“ (1. Korinther 10, 23.24). Damit kann ich viel anfangen für mein Nachdenken, sogar über KI. Ich kann alles nutzen, solange ich mich nicht komplett abhängig mache. Mein Tun und Lassen soll dem Leben dienen, meinem und dem meiner Mitgeschöpfe, so verstehe ich Paulus.
Was heißt das nun konkret? Lasse ich meine Predigt von chatGPT schreiben? Da frag ich doch mal das Programm selbst und erhalte folgende Antwort: „Obwohl ChatGPT in der Lage ist, Texte zu generieren, einschließlich Predigten, ist es wichtig, zu bedenken, dass diese KI-Modelle auf maschinellem Lernen basieren und keinen persönlichen Glauben oder spirituelle Erfahrung haben. Sie können dabei helfen, Ideen zu entwickeln oder Informationen zu suchen. Eine Predigt sollte persönliche Überzeugungen, Werte und Erfahrungen authentisch vermitteln können. Es ist daher empfehlenswert, eine Predigt selbst zu schreiben.“ Ja dann an die Arbeit!
Pfarrerin Antje Lütkemeier, Evangelische Kirchengemeinde Bad Lippspringe
Der Beitrag ist erschienen in der Reihe „Auf ein Wort“ in der Neuen Westfälischen Paderborn am Freitag, 30. Juni 2023.