„Smartphone, Kinderzimmer, Schulhof – Pornos sind überall“
Fachtagung über Auswirkungen von Pornographiekonsum auf Kinder und Jugendliche
Paderborn. Der Arbeitskreis „Sexuelle Gewalt gegen Kinder“ in Stadt und Kreis Paderborn lud Fachkräfte aus den verschiedensten Einrichtungen und Institutionen zu diesem digitalen Fachvortrag ein. Die Diplom-Psychologin Tabea Freitag, Referentin von der Fachstelle return aus Hannover, konnte für diesen Vortrag gewonnen werden. Über 100 Teilnehmende verfolgten interessiert den Vortrag und beteiligten sich rege an der anschließenden Diskussion. Die Moderatorinnen Sonja Hillebrand, Präventionsfachkraft Evangelischer Kirchenkreis Paderborn, und Kirsten Zünkler, Schulberatungsstelle Paderborn führten durch die Veranstaltung.
Fortschreitende Digitalisierung
Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung sind Kinder und Jugendliche alltäglich gewalthaltiger Pornographie im Internet ausgesetzt. Mit dem ersten Smartphone machen Kinder und Jugendliche in Deutschland oft auch die ersten Erfahrungen mit Pornographie. In einer Studie gab die Hälfte der befragten Studenten an, Pornographie vor dem 13. Lebensjahr konsumiert zu haben. 84 Prozent der Studenten und 19 Prozent der Studentinnen konsumieren einmal bis mehrmals wöchentlich Pornos. Kinder werden schon ab dem Grundschulalter zum Teil traumatisiert, da sie von der Bilderflut überwältigt werden. Gesellschaft und Politik müssen Verantwortung übernehmen und Kinder und Jugendliche schützen.
Oftmals sorgloser Umgang mit dem Smartphone
Zu Beginn der Veranstaltung machte Landrat Christoph Rüther deutlich, dass die Thematik für ihn nicht nur als Vater von Bedeutung sei, sondern auch als Leiter der Kreispolizeibehörde: „Da die Polizei im Kreis Paderborn in den letzten Jahren Straftaten mit erheblichem Ermittlungsumfang zu verzeichnen hatte, bei denen Kinder und Jugendliche inkriminierte (zum Gegenstand einer Strafanzeige gemachte, Anm. d. Red.) Daten via Smartphone verbreitet hatten. Ihren Ursprung hatten die Sachverhalte vorwiegend auch im schulischen Umfeld. Kinder und Jugendliche sind oftmals sorglos und unbeschwert. Deshalb erkennen sie Gefahren vielleicht nicht. Umso größer ist die Verantwortung von uns allen, von uns Erwachsenen!“
Dunkle Seite des Internets klar benennen
Anschließend kam Sabine Kramm, stellvertretende Bürgermeisterin zu Wort: „Paderborn hat sich zur Aufgabe gemacht, mutig digitale Wege zu gehen, um Zukunft zu gestalten. Mut im Zusammenhang mit Digitalisierung bedeutet aber auch, die dunkle Seite des Internets klar und deutlich zu benennen und sich couragiert und gezielt dagegen zu wenden. Ich bin froh über das breite Beratungsnetzwerk in unserer Stadt, was sich der verantwortungsvollen Aufgabe stellt, um unsere Kinder und Jugendliche vor Pornografie im Internet zu schützen.“
Über die Auswirkungen dieses Konsums wird leider kaum öffentlich debattiert. Denn fast 90 Prozent der gefragtesten Mainstream-Pornos zeigten Gewalt und Demütigung von Frauen. „Natürlich gibt es unseriöse Wissenschaftler, die trotz der Vielzahl eindeutiger Studien behaupten, eine negative Wirkung von Pornographie sei nicht nachgewiesen“, sagte Freitag. „Aber das ist ungefähr so absurd, wie wenn man sagt, eine Wirkung von rechtsradikalen Bildern und Botschaften in den Medien sei nicht nachgewiesen“, ergänzte sie.
Früher und regelmäßiger Pornokonsum beeinflusst Persönlichkeitsentwicklung und Beziehungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen
Auch die Mitglieder des Arbeitskreises werden auf den verschiedensten Ebenen immer häufiger mit dieser Entwicklung konfrontiert. „Der frühe und regelmäßige Pornokonsum beeinflusst die Persönlichkeitsentwicklung und die Beziehungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen, es prägt ihre Sicht auf Beziehungen und Sexualität und fördert die Zunahme von sexueller Gewalt. In der Prävention muss dieser Erkenntnis ein angemessener Rahmen zur Verfügung stehen“, gab Sonja Hillebrand zu bedenken „Besonders berührt haben mich Schilderungen von jungen Männern, die nach exzessivem Pornokonsum Frauen nur nach ihrer Funktionalität betrachten“, so Kirsten Zünkler.
Ein besonderer Dank ging an den Präventionsrat des Kreises Paderborn und den Gleichstellungssauschuss der Stadt Paderborn, die die Veranstaltung finanziell möglich gemacht haben. Ebenso bedankten sich die Moderatorinnen bei der Katholischen Fachhochschule für die gute technische Unterstützung.